Zu Besuch bei Jacques Tilly

Mit einem echten „Kracher“ begann für den Gevelsberger Kirmesverein das neue Jahr: 30 Mitglieder aus den Kirmesgruppen, die sich Jahr für Jahr besonders intensiv um den Wagenbau für den Gevelsberger Kirmeszug kümmern, besuchten den wohl bekanntesten deutschen Karnevalswagenbauer und Künstler Jacques Tilly an seiner Wirkungsstätte in den ehemaligen Straßenbahn-Hallen in Düsseldorf-Bilk. Genau zum richtigen Zeitpunkt, denn schon jetzt herrscht dort mit Blick auf den Düsseldorfer Rosenmontagszug Hochbetrieb.
Da steht er nun mit blauer Strickjacke, rotem Overall und weißen Turnschuhen: Jacques Tilly, der es insbesondere mit seinen hoch-aktuellen und bissig-satirischen Mottowagen im Düsseldorfer Zug Jahr für Jahr bis in die internationalen Medien hinein schafft. „Bei Euch muss ich ja nicht bei Null anfangen“, begrüßt er die Gäste zur gut zweistündigen Führung mit einem für die Gevelsberger eigens gefertigten Beamer-Vortrag.

Die erfahren dann, wie Jacques Tilly über Wochen und Monate zunächst einmal Hunderte von Ideen für seine eigenen Mottowagen und die vielen vielen Auftragsarbeiten in seinem Skizzenblock festhält. Wie er dann die besten auswählt. Wie er anschließend zentimetergenaue Baupläne für seine derzeit zehn hauptamtlichen und vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeichnet und es dann in die Umsetzungsphase geht.
Zur Umsetzung selbst gibt es bei Jaques Tilly einen Grundsatz: „Jeder soll so bauen wie er will.“ Ausgehend von Wagenbau-Techniken etwa aus Italien, aus Brasilien oder deutschen Karnevals-Hochburgen wie Köln oder Mainz kommt er in seinem Vortrag dann aber zum eindeutigen Bekenntnis: „Für mich ist und bleibt die Düsseldorfer Leichtbauweise die Nummer eins schlechthin. Sie ist zeit- und kostensparend und sie ist ressourcen- und umweltschonend.“
Und da ergeben sich durchaus Parallelen zu den Gevelsberger Wagenbau-Techniken: Dachlatten, Biegeleisten, Kaninchendraht und Papier sind auch in Düsseldorf die wichtigsten Materialien im Wagenbau. Wobei die Düsseldorfer bei ihren Bauten mit nur einer Schicht Papier mit speziellen Farb-Aufträgen auskommen. „Das hält jedem Sturm und Regen Stand! Garantiert!“
Die Materialbeschaffung ist für die Düsseldorfer längst international geworden. Der Kaninchendraht kommt aus China („So etwas gibt es hier gar nicht mehr!“), die Farben aus den Niederlanden („So intensive Farben haben wir nicht!“). Bei Jacques Tilly wird Farbe grundsätzlich gesprüht, weil damit Farbschattierungen viel besser heraus gearbeitet werden können. Und gerade die Farbe entscheidet mit über Erfolg oder Misserfolg einer Darstellung: „Bei jedem Wagen muss für die Zuschauer sofort erkennbar sein, wer oder was gemeint ist.“
Jacques Tilly, der selbst auch Wochenend-Seminare für Interessierte anbietet, hielt auch umfangreiche schriftliche Informationen für die Gevelsberger parat. Den Besuch bei ihm in Düsseldorf hatten der heimische Landtagsabgeordnete Hubertus Kramer und Gevelsbergs Kirmes-Urgestein Michael Sichelschmidt möglich gemacht. Gemeinsam mit dem 2. Vorsitzenden des Gevelsberger Kirmesvereins, Andreas Kalin, übergaben sie einen großen Karton Süßigkeiten an Jacques Tilly und seine Mannschaft: „Als Nervennahrung gegen den Stress in den nächsten Wochen.“
Beim anschließenden Besuch im „Füchschen“ in der Düsseldorfer Altstadt und auf der Rückfahrt nach Gevelsberg zeigten sich die Gevelsberger Kirmes-Aktiven sichtlich beeindruckt und diskutierten schon über Umsetzungsmöglichkeiten für manchen Hinweis von Jacques Tilly.