Symbol des Fleißes und der Tatkraft

1963 trat der neue Repräsentant für die Kirmes erstmals auf. Insgesamt gibt es bis heute sechs Amtsträger
(Text: Hartmut Breyer | WP/WR)

Gevelsberg. Seit es ihn gibt, ist er aus dem Kirmesgeschehen nicht mehr wegzudenken: der Hammerschmied. Vor 50 Jahren, bei der Gevelsberger Kirmes 1963 trat er erstmals in Erscheinung. Anlass genug, die Geschichte der schlagkräftigen Symbolfigur nachzuvollziehen. „Hammerschmied soll deftigen Ennepeströter Humor verkünden“, hieß es am 27. Oktober 1962 in der WESTFALENPOST. Am Abend zuvor hatte die Jahreshauptversammlung des Gevelsberger Kirmesvereins die Einführung der neuen Symbolfigur beschlossen, der die seit 1949 ernannten Zepterträger (siehe unten stehender Artikel) ablöste. „Es ist schwer, jeweils den richtigen Mann für die Figur des Zepterträgers zu finden“, erklärte der Vorsitzende Adolf Schlieper damals. „Alle bisherigen sind zweimal Zepterträger gewesen, noch einmal können wir die Reihe nicht wiederholen.“ Also überlegten die Kirmesfreunde, welche Figur stattdessen die Kirmes verkörpern könnte.

Man verständigte sich auf den Hammerschmied – als Symbol des Fleißes und der Tatkraft der Gevelsberger. Schließlich gab es entlang der Ennepe viele Hammerschmiede, die in den Hammerwerken tätig waren und die Region prägten. So sollte die „rührige, gewerblich und industriell tätige Gevelsberger Bevölkerung geehrt werden, die in den letzten hundert Jahren unser liebes Gevelsberg aus einem verträumten Dörfchen zu der aktuellen und bekannten Industriestadt gemacht hat“, formulierte es Stadtdirektor Erich Blumenroth später einmal. Die Kirmesgruppe Vogelsang hatte den Hammerschmied auch schon zwischen 1949 und 1956 als Symbol herausgestellt.

Einig war man sich auch, dass die Symbolfigur in jedem Jahr von der gleichen Person dargestellt werden sollte. Über 50 Jahre ist dies natürlich nicht möglich, im Rückblick lässt sich angesichts von nur sechs Darstellern in diesem Zeitraum aber große Kontinuität feststellen. Zum ersten Hammerschmied wählte der Kirmesverein im Februar 1963 Hugo Engstfeld, der sich mit klarer Mehrheit gegen den ebenfalls kandidierenden Fritz Rademacher durchsetzte. Hugo Engstfeld entstammte dem Fanfarenzug der „Aechterbieckschen Landsknechte und Husaren“, wo er als Schatzmeister aktiv war. Beim Anblasen am Samstag, 20. Juli 1963, trat er sein Amt an und wurde von den Kirmesaktiven damals noch zu Hause an der Mylinghauser Straße abgeholt. Wenige Tage zuvor hatte ihm übrigens Stadtdirektor Erich Blumenroth einen Brief geschrieben: „Mein lieber Hammerschmied Hugo!“, schrieb er, „Du bis ja ausersehen, während der Kirmestage Deine schützende und starke Hand über unser liebes Gevelsberg zu halten und dafür zu sorgen, daß alles gut und in Ordnung abläuft.“

Bis 1970 übte Hugo Engstfeld sein Amt aus. Ihm folgte ab 1971 Volker Rittmann von der KG Aechter de Biecke, der heute noch als quirliger Unterhalter bekannt ist. Mit der plattdeutschen Sprache hatte er es allerdings nicht so – mit ein Grund, dass er schon 1973 sein Amt wieder abgab. Damals war es mehr als heute gewünscht, dass der Hammerschmied Platt spricht.

Heinz Fraenz am längsten im Dienst

Das war nicht das geringste Problem für Heinz Fraenz. Das Kind des Hippendorfs, das die Kirmes „mit der Muttermilch eingesogen hat“, so der damalige Kirmesvereins-Geschäftsführer Hans-Heinrich Lesker rückblickend, übernahm den Hammer 1974 und gab ihn erst 1989 wieder ab. Bis heute gilt er als der Inbegriff des Platt sprechenden Hammerschmieds. Humorvoll und bissig kommentierte er gerne das Geschehen in der Stadt und wurde darüber hinaus allseits für seine freundliche Art geschätzt.

Ebenfalls aus dem Hippendorf kam der Nachfolger von Heinz Fraenz. Pit Schäfer, der zudem den „Aechterbickschen Landsknechten und Husaren“ angehörte, entstammte einer alteingesessenen Familie. Auch er sprach noch gut Platt. Von 1990 bis 1999 war er als Hammerschmied im Kirmeseinsatz. 2000 übernahm dann Michael Sichelschmidt die Aufgabe. Der langjährige Vorsitzende der KG Mühlenhämmer, der heute den Kirmesverein führt, hat eine sehr enge Verbindung zum Thema Hammerschmied. Im Haus an der Elberfelder Straße, wo er heute wohnt, war sein Opa als Dorfschmied tätig. Er selbst ist als Schreiner auch handwerklich begabt. Als Michael Sichelschmidt den Hammer nach der Kirmes 2009 abgab, folgte eine echte Neuerung. Sein Nachfolger Bernd Matthäi, der bis heute als Hammerschmied wirkt, ist ein doppelt Zugereister. Gebürtig stammt er von der schönen Ostseeinsel Fehmarn, zu Hause ist er seit vielen Jahren in Ennepetal.

Doch hat sich der „Muschelschubser“, der bei der KG Im Dörnen Mitglied ist, bei den Gevelsberger Kirmesfreunden etabliert. Im Lauf der fünf Jahrzehnte hat sich die Rolle des Hammerschmieds, der den Gevelsberger Kirmesverein auch bei den Kirmesveranstaltungen in Schwelm, Voerde und Haspe repräsentiert, immer wieder etwas verändert. Heinz Fraenz beispielsweise hatte damit begonnen, beim Kirmesabend glossierend das Stadtgeschehen zu kommentieren. Diesen Brauch führten seine Nachfolger fort. Seit 1978 ist der Hammerschmied in Personalunion auch Dorfschulze. Dieser verleiht beim Anblasen verdienten Kirmesaktiven, die nicht unbedingt in der allerersten Reihe dabei sind, den Blaukittel. Nachdem Michael Sichelschmidt die Arbeit, die auch das Einsammeln der Schaustellerspenden beinhaltet, zu viel wurde, nahm man 2007 eine Ämtertrennung vor. Seitdem ist Carsten Neef als Dorfschulze unterwegs.

Seit 1989 eine eigene Fete

Seit 1989 gibt es eine Hammerschmiedfete, die die heiße Phase vor der Kirmes einläutet. Am kommenden Sonntag ist es wieder soweit. Auch einen eigenen Wagen hat der Hammerschmied seit Heinz Fraenz’ Zeiten. Früher nahmen die Gevelsberger mit der Siegerdarstellung des Zuges bei den Festzügen in der Nachbarschaft teil. Das sei als ungünstig empfunden worden, erläutert Hans-Heinrich Lesker. Denn die siegreiche Gruppe habe den Wagen immer noch ein Jahr erhalten müssen, was auch den Neubau erschwert habe. Und so wurde ein Hammerschmiedwagen gebaut, der seitdem in den Nachbarstädten zu sehen ist.

Nach oben