Gevelsberg. Jetzt heißt es: Mitfeiern oder in den Urlaub fahren. Denn an der Gevelsberger Kirmes kommt keiner vorbei. Morgen geht es wieder los mit dem bunten Treiben im Herzen der Stadt. „Hier ist niemand nur dabei, sondern immer mittendrin“, sagt Michael Sichelschmidt und freut sich auf die kommenden fünf Tage. „Und am Dienstag nach dem Feuerwerk werden wir uns alle hoffentlich in den Armen liegen, uns freuen und dann können wir in Ruhe auf Weihnachten schauen.“
Viele Überraschungen
Es ist alles angerichtet für die „schrägste Kirmes Europas“. Die Straßen sind gesperrt, die Buden so gut wie aufgebaut, die Verträge seit Monaten unter Dach und Fach und das Kirmesoutfit gewaschen und gebügelt. Am Freitagabend werden übrigens drei neue Blaukittel in den Kreis der Auserwählten aufgenommen, Menschen, die sich um die Kirmes verdient gemacht haben. Wer das ist, will der Vorsitzende des Kirmesvereins noch nicht verraten.Doch das soll nicht die einzige Überraschung der nächsten Tage sein. Michael Sichelschmidt ist trotz jahrelanger Kirmeserfahrung selbst immer wieder überrascht, was die Gevelsberger alles auf die Beine gestellt haben und dass die kleinen Gruppen so große Wagen am Sonntag auf die Straße bringen. „Alle haben sich in diesem Jahr wieder mächtig ins Zeug gelegt und gebaut wie verrückt“, sagt er. Michael Sichelschmidt weiß, dass das nicht selbstverständlich ist. Es sei eine Kirmes der Vereine. Und nicht nur die Gevelsberger machten mit. In den 70er Jahren sei man sich mit den Schwelmer Gruppen nicht grün gewesen, jetzt gehören sie dazu.
Michael Sichelschmidt freut sich, dass sich so viele für die Kirmes einsetzen. Meist Menschen, die im Hintergrund bleiben, ohne die es diese Kirmes aber nicht geben würde, wie Sicherschmidt betont.
Zu den wichtigsten Kirmesfreunden beim Zug zählen zum Beispiel die Treckerfahrer. Die müssten einiges hinter sich bringen, damit sie überhaupt die Wagen ziehen dürfen. Das Gefährt für die „Brauchtumsveranstaltung zweck zu entfremden“ wie es im Amtsdeutsch heißt, sei ein ganz schöner bürokratischer Akt. Und auch die Kirmes selbst zu organisieren, werde seit der Love-Parade-Katastrophe immer schwerer. Wenn man diese Entwicklung nicht stoppen würde, „dann werden wir irgendwann daran kaputt gehen“, sagt Sichelschmidt. „Was all die Formalitäten angeht, sollte man die Kirche im Dorf lassen.“ In Gevelsberg hätte man schon vorher auf Sicherheit großen Wert gelegt, freiwillig immer ein Konzept auf die Beine gestellt, der TÜV sei mit im Boot. Doch, je schwieriger die Organisation sei, desto uninteressanter werde das Fest für die Vereine. Und um die gehe es doch bei der Kirmes, sagt Sichelschmidt.
Ein Fest der Vereine
Dass es ein Fest der Vereine ist, wird auch bei der Liste der Schausteller deutlich. Etwa 25 der 30 Getränkestände sind fest in Vereinshand. Doch auch beim Einzelhandel will sich Sichelschmidt bedanken. Viele der fast 400 Plakate und 7000 Flyer waren in den Geschäften zu finden, viele hätten Platz gemacht und den Kirmesverein unterstützt.Der Kirmesvereinsvorsitzende könnte sich vorstellen, die Händler noch mehr ins Kirmesgeschehen einzubinden, wenn sie denn Lust dazu hätten. Ihm schwebt eine Art Schaufensterwettbewerb zur Kirmes vor. Er würde sich außerdem wünschen, dass der Montag wieder mehr zu einem Rosenmontag wird, so wie früher. Ein Tag, an dem die Geschäfte und Unternehmen vielleicht eher Feierabend machen, um mit den Mitarbeitern gemeinsam über die Kirmes zu gehen, so wie in Köln.
„Gäste von außerhalb sind zur Kirmes immer willkommen“, sagt er. Schön wäre es aber, wenn zum Beispiel der Montag der Tag der Gevelsberger wäre – auch, wenn man alleine zur Kirmes komme. „Man findet ruck-zuck Anschluss.“ Und nicht nur, weil es eine Schiebekirmes ist, sagt Sichelschmidt und lacht. „Denn entweder schiebt sich die Masse rauf oder runter.“ Noch ein Gevelsberger Phänomen.
Damit es am Kirmessonntag keinen Stau beim Zug gibt, sind bereits alle Hindernisse aus dem Weg geräumt. Die Baustelle auf der B7 in Höhe der Mauerstraße ist soweit abgeräumt und auch die Kabel, die in Höhe der Königsburg baumelten, wurden kurzerhand höher gelegt. Sonst wäre der Wagen von „Vie vam Kopp“ nicht durchgekommen.
Dass es sich aktuell fast überall rund um den Stadtkern staut, hat auch etwas mit der einseitigen Sperrung des Kruiner Tunnels zu tun. Diese Baustelle wurde nicht rechtzeitig fertig. Sichelschmidts Tipp. „Auto stehen lassen und zur Kirmes kommen.“