Kirmesleidenschaft als Familientradition
Gevelsberg. Alfons Tröger ist Kirmesfreund durch und durch, mehr noch: Seine Leidenschaft hat er sogar zum Beruf gemacht. Und die Liebe hat den geborenen Mönchengladbacher schließlich in diese Region geführt. In Gevelsberg gehört er bereits zum festen Kern. Seit 30 Jahren ist er dabei, hat immer seinen festen Platz auf der schrägsten Kirmes Europas. Natürlich um Geld zu verdienen, wie er sagt, vor allem aber auch, weil er sich auf der Kirmes hier wohlfühlt, er die Menschen und die Art zu feiern sympathisch findet.
Besonders anstrengend und schön
Einen schöneren Beruf als Schausteller kann er sich nicht vorstellen. „Natürlich hat man einen anderen Lebensrhythmus“, sagt er. Der Tag beginnt später, endet aber auch erst dann, wenn andere längst Feierabend haben. Aber man sei freier im Leben, die Familie ist immer dabei und man kommt viel rum. Ein Leben, das er schon seit seiner Kindheit führt und liebt.
„Ich bin im Wohnwagen geboren“, sagt er und lacht. Da sei schon früh alles klar gewesen. Der 58-Jährige ist die vierte Generation von Trögers, die als Schausteller durch das Land zieht „und das mit großer Freude“, wie er betont. Von Kleinauf war er dabei, mit 15 stand er das erste Mal an der Kasse. Schon früh stand fest, dass er in die Fußstapfen seiner Eltern tritt. Eine Entscheidung, die auch seine Kinder getroffen haben.
Die Nachfolge ist also weiter geregelt. „Früher habe ich in Gevelsberg immer am Eiswagen gestanden“, sagt er. Doch nun hat Sohn Kevin diese Aufgabe übernommen. Tröger ist froh. Auch, weil die Kirmes für ihn nun etwas ruhiger wird. „Wir machen das Eis selbst“, sagt er, und das sei eine sehr anstrengende Sache. Alfons Tröger kümmert sich nun um den „Crazy Clown“, ein Kinderkarussell auf der Mittelstraße. Etwa bei 25 Veranstaltungen im Jahr macht er mit. Das letzte Juniwochenende ist seit drei Jahrzehnten fest verplant.
Gevelsberg hebe sich nicht nur durch die Lage und die Menschen ab. Auch die Zahl der Getränkestände sei einmalig, sagt er. Sonst gebe es meist nur fünf Bier-Buden auf solch einer Veranstaltung, hier seien es um die 30. „Die Leute feiern hier gerne“, und das mache Spaß.
Auch privat fühlt er sich hier wohl. Mittlerweile lebt er in Hagen, hat für seine Frau den Niederrhein verlassen. „Sie ist eine geborene Schneider“, sagt er stolz. Und kommt ebenfalls aus einer traditionsreichen Schaustellerfamilie. „Schon meine Schwiegereltern haben bis zu ihrem Ruhestand auf der Gevelsberger Kirmes gestanden.“ Die Schneiders hatten ihn dann nach Gevelsberg geholt. Für ihn kommt aufhören aber noch nicht in Frage, „Ich bin ja erst 58 Jahre alt.“ 40-Jähriges könnte er auf der Gevelsberger Kirmes noch feiern. „Ich arbeite dran.“
Die vier Jahrzehnte voll gemacht hat bereits Heinrich Spies. Seine Süßigkeiten verkauft er auf der Elberfelder Straße. Kein Schausteller ist derzeit länger dabei. Auch er stammt aus einer waschechten Schausteller-Familie, seine Eltern hatten eine Schiffsschaukel. Irgendwann hatte er sich dann selbstständig gemacht – den Süßigkeitenstand betreibt er auch heute noch gerne. Seine Schwester Bärbel Makrutzki ist seit über 30 Jahren dabei, steht nur wenige Meter von ihm entfernt. Konkurrenzgedanken gibt es keine. „Kunden nehmen wir uns nicht weg, wir haben hier jeder unsere festen Leute“, sagt Bärbel Makrutzki. Die Gevelsberger Kirmes ist für beide ebenfalls etwas besonderes. „Wir fühlen uns hier wohl“, sagen beide. Die Stimmung stimmt. Aber es sei hier auch besonders anstrengend, vor allem was den Aufbau angeht. „Aber wenn das erst einmal geschafft ist, dann ist alles gut“, sagt Bärbel Makrutzki zufrieden, denn beide hatten gestern Mittag bereits Feierabend.
Auch Alfons Tröger konnte den Nachmittag genießen. Sein Fahrgeschäft und die Eisbude sind bereit. Er wünscht sich jetzt vor allem gemäßigte Temperaturen und keinen Regen. „Alles andere kommt dann von alleine.“
Carmen Thomaschewski