Kirmesgruppen informierten sich über die steuerliche Abrechnung der Vereine

Achtzig Prozent der weltweit bedruckten Steuerliteratur ist in Deutsch geschrieben. Kein Wunder, dass sich kaum jemand ohne Kompass in diesem Gestrüpp zurecht findet. Steuerberater Axel Bahr stellte sich Mittwoch Abend, 13. April, rund zwanzig Vertretern der zwölf Gevelsberger Kirmesgruppen als „Kompass“ zur Verfügung. Es ging in seinen Büroräumen in der Mittelstraße 5 um die steuerliche „Abrechnung der Vereine“ mit besonderem Blick auf die Kirmesgruppen. Es war ein kurzweiliger Abend, was die Anwesenden bei dem trockenen Thema gar nicht hatten erwarten dürfen – um so mehr prägten sich die praxisnahen Anmerkungen des Referenten und die Power Point Präsentation ein.

Axel Bahrs Manuskript mit den wichtigsten Grundlagen über die zivilrechtlichen und steuerlichen Bestimmungen für gemeinnützige Vereine kann in Kürze auf seiner Internet-Seite unter www.axelbahr.de als pdf-Datei heruntergeladen werden. Jeder der Anwesenden erhielt das Manuskript außerdem zur Vertiefung des komplexen Themas.Eine weitere Informationsquelle zum Steuerrecht nannte Axel Bahr den Kirmesgruppen mit der Internet-Adresse: www.fm.rlp.de/service/broschuren-infomaterial . Hier sind „Steuertipps: gemeinnützige Vereine Rheinland-Pfalz“ aus dem Jahre 2009 zu finden, herausgegeben vom Finanzministerium Rheinland-Pfalz.

Steuerberater Axel Bahr stieg in sein umfangreiches Thema mit einem Überblick über Vorteile und Pflichten eines gemeinnützigen Vereins ein. Ebenso skizzierte er Kriterien, nach denen Gemeinnützigkeit wieder aberkannt werden kann. Dann ging der Steuerexperte auf Situationen gemeinnütziger Vereine ein. Welche Vorschriften muss ein Verein zum Beispiel beachten, wenn er als Arbeitgeber auftritt oder als Unternehmer? Ist es klüger, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten (ist dann fünf Jahre lang gültig), weil so die Vorsteuer geltend gemacht werden kann? Wie viel darf ein Verein pro Kopf/Jahr für vereinsinterne Veranstaltungen ausgeben? Die höchstzulässige Summe von 40 Euro pro Jahr pro Kopf erstaunte die Anwesenden. Wie sollen Kirmesgruppen zum Beispiel die Ausgaben verbuchen, die ihnen beim gemeinschaftlichen Arbeitsessen (Grillen) auf dem Bauplatz entstehen? Oder wo gehören in der Steuererklärung die Ausgaben für den Wagenbau hin? Wie hoch dürfen Rücklagen sein? Stefan Oesterling, Geschäftsführer des Kirmesvereins, warf ein, dass sich nach einem Gespräch mit einem Finanzbeamten in etwa die Höhe der Betriebsmittel eines Jahres ergeben hätten. Axel Bahr machte darauf aufmerksam, dass bei Lieferungen aus dem Ausland (zum Beispiel Kostüme aus den Nachbarstaaten übers Internet) der Empfänger, also die Kirmesgruppe, für die Entrichtung der Mehrwertsteuer verantwortlich sei.
Erleichtert waren die Anwesenden, dass Körperschafts- und Gewerbesteuerpflicht auf sie nur zukommen, wenn ihre Einnahmen aus dem „wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb“ 35 000 Euro im Jahr übersteigen, einschließlich der 19 Prozent Umsatzsteuer. In Gevelsberg kommt diese Summe, wenn überhaupt, durch Großveranstaltungen zusammen.

Generell, erläuterte der Steuerfachmann, sei die Buchhaltung eines gemeinnützigen Vereins in vier Buchführungsbereiche aufzugliedern: Ideeller Bereich, Zweckbetrieb, Vermögensverwaltung und wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Über buchhalterische Fragen ergab sich im Anschluss an den Vortrag Axel Bahrs eine intensive Diskussion. Neu war für viele der Anwesenden, dass Spendenbescheinigungen erst ab 200 Euro notwendig sind. Bei Beträgen darunter gibt sich das Finanzamt mit dem Überweisungsbeleg bzw. dem Kontoauszug zufrieden. Wichtig sei dennoch die Archivierung der Belege in den Vereinsunterlagen. Wenig verankert ist bei den Vereinen auch die mögliche 500 Euro Pauschale im Jahr für die ehrenamtliche Tätigkeit einer Person. Es können auch mehrere Personen in den Genuss dieser Summe kommen, sofern die Voraussetzungen gegeben sind und die Möglichkeit einer ehrenamtlichen Pauschale zuvor in die Satzung aufgenommen wurde. Zum Thema „Sachspenden“ riet der Steuerberater, eine Aktennotiz, eine Schätzung oder einen sonstigen Hinweis auf den tatsächlichen Wert der Sachspende in die Bücher aufzunehmen.

Auf die Frage, mit welchen Kosten ein Verein rechnen müsse, der dem Büro Axel Bahr die Steuererklärung übertrage, antwortete der Gastgeber: „Die Kosten hängen stark davon ab, wie die Unterlagen bei mir ankommen. Wenn die Belege ordentlich hinter den Kontoauszügen liegen, halten sich die Kosten im Rahmen“. Kirmesgruppen, die Fragen zu ihrer Buchführung haben, können sich selbstverständlich jederzeit an das Steuerbüro Bahr wenden. Der Abend klang mit lebhaften Gesprächen, mit Getränken und belegten Brötchen aus, die Axel Bahr und sein Team für die Vertreter der Kirmesgruppen vorbereitet hatten. Michael Sichelschmidt, Vorsitzender des Kirmesvereins, dankte Steuerberater Axel Bahr: „In kurzer Zeit sind für uns zwei Schalter plötzlich umgelegt worden. Die Steuererklärung und die Sicherheitsvorschriften. Die Bestimmungen zur Steuerklärung haben Sie uns heute Abend in einfachen, verständlichen Worten, gut nahegebracht. Das haben sicher alle Anwesenden so gesehen. Es war ein wertvoller Abend.“ Stefan Oesterling, der diesen Abend mit Axel Bahr eingestielt hatte, bedankte sich ebenfalls: „Sie haben heute gezeigt, dass Steuerrecht nicht dröge sein muss. Es ist wie bei allem Neuen, das auf einen zukommt. Man muss sich erst einmal damit beschäftigen.“
Axel Bahr gab allen Vereinen den Tipp, in Zweifelsfällen den direkten Kontakt zum Finanzamt zu suchen: „Wenn der Finanzbeamte sieht, dass Sie das System verstanden haben, wird er für Fragen offen sein.“ Schließlich sind auch die Mitarbeiter des Finanzamtes froh, wenn Probleme beseitigt werden können, bevor sie entstehen.

 

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