Kirmes in frühen 50ern als Pflicht erlebt

Klaus Dawel erinnert sich an die ersten Kirmesjahre nach dem Krieg

Der Geschäftsführer des Kirmesvereins Carsten Neef erhielt nach der Kirmes die nachfolgende Mail von dem heute in Dormagen lebenden Gevelsberger Klaus Dawel. Ein persönlicher Kontakt war aus gesundheitlichen Gründen leider nicht möglich, umso mehr bedanken wir uns bei Herrn Dawel für seine Mail. In seiner auszugsweise hier wiedergegebenen Antwort auf unsere Kontaktanfrage teilte der heute 74-Jährige noch Folgendes mit, das sicher auch von Interesse ist:
Fotos von der Kirmes habe ich nicht, da fotografieren damals noch eine sehr kostspielige Angelegenheit war. Ein Farbabzug kostete damals noch 1,50 DM, ein stattlicher Preis, den man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Nach Gevelsberg kommen kann ich leider auch nicht mehr.

Kurz zu meiner Zeit in Gevelsberg. Die dauerte von 1940 bis exakt 2. April 1964. Um 6 Uhr ab Bhf-West verließ ich Gevelsberg, um danach nur noch sporadisch zu Besuchen wiederzukommen. Wenn es ging, habe ich dabei (auch) die Kirmeszeit berücksichtigt. Ich habe nur noch eine Devotionale, die bei mir einen Ehrenplatz hat. Es ist das Original-Bierglas des Wirts Adolf Lind, der das Stammlokal der Aechterbieck´schen begründete. Das hat alle Stürme meines bisherigen Lebens überdauert. Für mich ist es also gut, dass es das Internet gibt. So kann ich vieles verfolgen und eben auch vergleichen.

Hier die Erinnerungen von Klaus Dawel im Wortlaut: Gestatten Sie mir als Auswärtigem, der ja ein Ur-Gevelsberger ist, einige Worte der Kritik zum diesjährigen Kirmeszug. Kurz: Er wird immer besser > Glückwunsch Die Aktiven sind ja wundervoll in Stimmung. Das Rheinland wirkt manchmal ansteckend. Wenn ich da an die Vergangenheit denke: Der Kirmeszug war damals eine Pflichterfüllung. Dabei hatte man ernsthaft bei der Sache zu sein. Wer lachte, flog raus. Es war schließlich Arbeitszeit am Dienstag. 1949 erlebte ich den ersten Kirmeszug nach dem Krieg. Die meisten Aktiven waren so besoffen, dass sie von den Wagen fielen. Bei der Fa. Krefft AG wurde das mit den Worten kommentiert: „Da ist aber bei einigen kräftig die ‚Emaille‘ abgesprungen“.

Mehr sagte man nicht dazu. 1952 war es so heiß, dass mein Vater und ich uns entschlossen, anstatt zur Kirmes ins Strandbad zu gehen. Wir waren die Einzigen und sprangen über den damals kleinen Jägerzaun. Das Bad war geschlossen mangels Interesse. Der dort allgewaltige Herr Vogler, Bademeister und Wirt in Personalunion, erwischte uns natürlich. Aber das Eintrittsgeld hat ihn nur beiläufig interessiert. Dass zwei Gevelsberger nicht auf der ‚Kirmis‘ waren, das hatte er an diesem Tag noch nie erlebt. Man sah ihm sein Entsetzen an. So ein Frevel. 1956 war ich berufsbedingt am Nirgena. Auf dem Handelshof-Balkon stand ein Witzbold mit Lautsprecheranlage. Er wollte dort wenigstens das Volk in Stimmung bringen. Er war ein einsamer Rufer in der Wüste.

Meine Schwester wird sich wohl über die Rutsche am Strandbad ärgern, denn sie führt über ihr Grundstück. Meinen Glückwunsch an Euch. Das war prima.

Klaus Dawel, Dormagen

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