„Dä olle Kiärmesmür“ ziert Kirmeskrug

Fritz Sauer (vorne) ist seit 1984 für die Motivauswahl des Kirmeskrugs verantwortlich. Jetzt will er diese Aufgabe in andere Hände geben.
Foto: Werner Bloemer
Von Carmen Thomaschewski
WP/WR 26. 5. 2015
Gevelsberg. Kirmes ohne Kirmeskrug schmeckt vielen Gevelsbergern schon lange nicht mehr. Das hat nicht nur mit den kühlen Getränken im Inneren zu tun. Es ist ein Stück Tradition und eines der best gehüteten Geheimnisse im Vorfeld des bunten Treibens. Mit Spannung wird in jedem Jahr das neue Motiv erwartet, das Fritz Sauer seit 1984 auswählt. Ideen hätte er noch viele, sagte der ehemalige Zeitungsredakteur bei der Präsentation des aktuellen Sammlerstücks. Und dennoch endet eine Ära nach 31 Jahren. Der 87-Jährige wolle sich aus Altersgründen zurückziehen, gibt seine Aufgabe in andere Hände. Michael Sichelschmidt ist sich sicher, dass niemand diese Lücke schließen kann.
Mauer 1976 abgerissen„Bei Fritz Sauer ist die Geschichte nicht nur in seinen Schränken und vor allem im Herzen, sie ist auch bei ihm Zuhause“, sagte der Kirmesvereinsvorsitzende in den Räumen der Radeberger Brauerei in Dortmund. Auf den Tischen steht Andreas-Bier, noch eine Tradition, die zur Kirmes und vor allen Dingen in den Krug gehört. Die Vorfreude auf Ende Juni ist groß ist, die Wehmut über Sauers Abschied allgegenwärtig, während die Mitglieder aller Kirmesgruppen zusammen sind und die Kirmeskrug-Präsentation feiern. Sauers Nachfolger tritt in große Fußstapfen. Die Ideen für die Motive seien stets originell gewesen, sagt Sichelschmidt. Und auch die 32. Auflage ist ein Hingucker.Es habe sich geradezu angeboten anlässlich des 65. Geburtstages des Anblasens die Kirmesmauer zu nehmen, erklärt Sauer. Und mit dieser Auswahl schließt sich auch für ihn ein Kreis. Denn bei der Premiere des Kirmeskrugs im Jahr 1984 war die Kirmesmauer ebenfalls zu sehen. Dieses Mal ist es „dä olle Kiärmismür“. Viele, ist sich Sauer sicher, werden sie gar nicht mehr kennen. Sie wurde 1976 aus Sicherheitsgründen abgebrochen, als Ersatz ist die jetzige Mauer entstanden.

Das Bild stammt aus Fritz Sauers Archiv, aus seiner Zeit als Lokalredakteur dieser Zeitung. 1950 sei die Kirmes dort das erste Mal angeblasen worden, erklärt er. Von der Mauer aus, nicht davor, wie er betont, was bei dem ein oder anderen zu einem steifen Nacken führte. Das imposante Gemäuer sei aus Bruchsteinen gebaut und rund um die 1891 errichtete Lindengrabenschule gezogen worden. Das allererste Anblasen fand übrigens 1949 auf der Treppe der damaligen Traditions-Gaststätte „Zur Oberstadt“ von Wilhelm Heiden statt, das Gründungslokal der Hippendörfer. Aus Platzgründen sei das Anblasen dann ein Jahr später am Lindengraben veranstaltet worden.
Kurzer Umzug

Der nächste Umzug habe jedoch für Unmut gesorgt. „Die Verantwortlichen muss irgendwie der Hafer gestochen haben“, erzählt Fritz Sauer. Anders könne er sich nicht erklären, dass das Anblasen 1971 zum Rathaus verlegt wurde. Hammerschmied Volker Rittmann und der Vorstand seien übrigens mit einem Hubschrauber eingeflogen worden. Die Idee, den Kirmeszug von Dienstagvormittag auf Sonntagnachmittag zu verlegen kam jedoch an, bis heute.

1972 ging es für das Anblasen jedenfalls wieder zurück zu „dä ollen Kiärmesmür“. 1951 brachten die Verantwortlichen die Kirmesfigur Tante Anna an die Wand, 1953 folgte der Hippenkopf, ein Jahr später ein Bleistift als symbolisches Stadtzepter, 1958 die Büste von Günther Gedat alias Käptain Ingenol. Nachdem 1977 die neue Mauer mitsamt der Embleme ihren Dienst aufnahm, wurde diese nur noch um zwei Motive ergänzt. 1986, im Jahr des 100. Geburtstags der Stadt, wurde Kirmesfreund Friedrich-Wilhelm Brenne geehrt. 2013 war der Anlass das goldene Hammerschmiedjubiläum.

Auch wenn „dä olle Kiärmesmür“ längst abgerissen ist, existiert sie doch weiter. In der Gestaltung der neuen Mauer am Lindengraben und auf dem Gevelsberger Kirmeskrug 2015.

 

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