Bei Kirmesverein bricht neue Ära an

Michael Sichelschmidt löst Gerd Laake als 1. Vorsitzenden ab – „Tag der offenen Bauplätze“ wird eingeführt – Aus der „Haufer Jungen“ steht bevor
(Text: Hartmut Breyer)

Im Gevelsberger Kirmesverein hat eine neue Zeitrechnung begonnen. Michael Sichelschmidt löste Gerd Laake als Vorsitzender ab, der sein Amt nach 14 Jahren abgab. Sichelschmidt ist in der 50-jährigen Geschichte erst der Fünfte an der Spitze des Vereins. Hartmut Breyer sprach mit ihm über seine Beweggründe, das Amt zu übernehmen, über seine Ziele und seine Pläne.

Frage: Herr Sichelschmidt, als Sie 2009 ankündigten, als Hammerschmied aufzuhören, haben Sie auf die Nachfrage noch ausgeschlossen, im Kirmesvereinsvorstand mitzuwirken. Wie kam es zu dem Sinneswandel?

Antwort: Gerd Laake hat 14 Jahre lang mit seinem Vorstand tolle Arbeit geleistet. Als er seinen Rückzug angekündigt hat, wurden Gespräche über die Nachfolge geführt. Darin hat sich herausgestellt, dass man neue Wege gehen möchte. Mit den Leuten, die im Vorstand mitmachen, ist es möglich, diese Wege zu gehen. Nach etwas Bedenkzeit habe ich zugestimmt, das Amt zu übernehmen. Und ich würde den Verein natürlich nicht im Stich lassen.

Frage: Vorstandsarbeit ist auch nichts neues für Sie.

Antwort: Ich bin ja schon mal bis vor gut zehn Jahren Vorsitzender der Kirmesgruppe Mühlenhämmer gewesen, kenne also den grundsätzlichen Ablauf. Und mittlerweile ist schon wieder so viel passiert, dass es interessant ist, da mitzuwirken. Es gibt zum Beispiel das neue Steuerrecht für Vereine, da ist es wichtig, dass man die Kirmesgruppen nicht im Regen stehen lässt.

Frage: 13 Jahre Vorsitzender der Mühlenhämmer, zehn Jahre Hammerschmied: Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz, dass der Kirmesvereinsvorsitzende mit 60 aus dem Amt scheidet. Sie könnten den Vorsitz also zehn Jahre lang behalten? Ist das Ihr Ziel?

Antwort: Grundsätzlich würde ich die zehn Jahre anvisieren. Die Sachen, die wir jetzt anstoßen und einstielen wollen, die bekommt man nicht in zwei Jahren hin. Wir müssen auch gucken, wie die Bevölkerung darauf reagiert. Dahin schleifen kann man ja keinen. Unser Ziel ist es, die Menschen neugierig in Richtung Kirmesverein und Kirmesgruppen zu machen.

Frage: Sie sprechen von neuen Wegen und Modernisierung für den Kirmesverein. Was heißt das für Sie?

Antwort: Wir müssen uns öffnen. Dazu gehört nicht zuletzt, dass der Internetauftritt lebhafter und interessanter werden soll. Dazu gehört auch, dass Außenstehende Ideen einbringen können, mit denen wir dann wieder arbeiten können. Wir zielen nicht gleich darauf, Leute als Mitglieder zu gewinnen. Uns würde erst einmal reichen, wenn sich einige einbringen. Wenn das wächst, wird der eine oder andere sich vielleicht überlegen, ob er sich nicht einer Gruppe anschließt. Wenn man gleich mit der Mitgliedschaft winkt, schreckt das wieder ab.

Frage: Es soll also nicht mehr eine so feste „Vereinsmentalität“ geben, sondern etwas lockerer werden?

Antwort: Genau. Viele sagen, die Vereine seien überaltert. In den letzten Jahren hat sich das Freizeitangebot stark verändert und ist sehr umfangreich geworden. Die „Fun“-Angebote spielen eine große Rolle. Die nehmen die Leute eher war, als dass sie zu einer Kirmesgruppe gehen, in der sie arbeiten müssen – noch nach ihrer eigentlichen Arbeit. Da muss man auch mal einschränken: „Es muss ja nicht jeden Tag sein.“ Die Möglichkeiten sind so breit gefächert, dass jeder sagen kann: „Das ist etwas für mich, da kann ich mich einbringen“ – ohne dass ich in einer Gruppe oder dem Kirmesverein sofort fest angehören muss. Wir wollen so auch Quereinsteiger gewinnen, die bisher mit der Kirmes gar nichts zu tun hatten.

Frage: Modernisieren heißt auch, Jüngere zu begeistern, in den Gruppen mitzuwirken. Wie wollen Sie den Nachwuchs gewinnen?

Antwort: Man könnte in den Schulen eine Kirmes-AG installieren. Beispielsweise könnten die Kinder im Kunstunterricht Masken für den Festzug gestalten. Und man könnte einen Button entwerfen, den sich die Kinder zum Beispiel an den Schulranzen stecken können. Darauf soll dann ein Hinweis auf unseren Internetauftritt stehen, so dass andere Kinder neugierig werden und da mal reinschauen.

Frage: Sie möchten auch eine Facebook-Seite einrichten?

Antwort: Verschiedene Kirmesgruppen haben ein solche Seite schon und darauf ist ordentlich Bewegung, da tauscht man sich aus. Für Facebook werden wir dann einen haben, der sich darum kümmert.

Frage: Wird es auch im Ablauf der Kirmes Neuerungen geben – in der Terminplanung oder durch zusätzliche Angebote? In der jüngsten Mitgliederversammlung haben Sie beispielsweise einen „Tag der offenen Bauplätze“ besprochen.

Antwort: Die bekannten Termine wie Kirmesanfang und -ende, Kirmesabend, Kirmeskrug, all das wird bleiben. All das, was Tradition hat, wird behalten. Bei allem, was wir neu einfügen möchten, müssen wir abwarten. Da werden wir die Ergebnisse erst in drei, vier Jahren sehen. Wir legen nicht den Schalter um und dann läuft es. Beim „Tag der offenen Bauplätze“ kann ich mir vorstellen, dass das zu einer festen Einrichtung wird. Wir müssen nur sehen, wie wir das handhaben, denn da gehen die Meinungen auseinander. Die einen meinen, wir sollten den Tag der offenen Bauplätze anbieten, wenn das „Produkt Kirmeswagen“ fertig ist, die anderen sagen „Bloß nicht!“ Aber wie wir das auch machen: Wenn der Tag vorbei ist, heißt das nicht, dass die Türen wieder zu sind. Wir wollen jedes Jahr neu damit anstoßen, dass man wieder aufmerksam wird und die Kirmesveranstaltungen besucht.

Frage: Gibt es weitere Ideen?

Antwort: Wir haben noch im Hinterkopf, einen festen Termin zu finden, an dem wir den Startschuss für die Bauzeit der Kirmesgruppen geben. Dadurch sollen die Menschen in Gevelsberg und der Umgebung mitbekommen, dass in der Stadt etwas passiert.

Frage: Wird es im Hinblick auf die Schaustellerkirmes Veränderungen geben?

Antwort: Wir wollen uns gemeinsam mit den Schaustellern etwas einfallen lassen. Eine Idee ist, eine Kirmesolympiade anzubieten, mit einem Rundlauf über mehrere Stationen, zum Beispiel mit Schießbude, Dosenwerfen und ähnlichem. Damit könnten wir den Familientag, den wir beibehalten wollen, noch aufwerten.

Frage: Ein eher unerfreuliches Thema zum Abschluss: Die Kirmesgruppe Haufer Jungen steht vor der Auflösung. Wie ist dort der Stand der Dinge?

Antwort: So, wie es im Moment aussieht, wird es bei den Haufer Jungen nicht weiter gehen. Das ist auch deshalb ärgerlich, weil die Gruppe von dem, was wir gerade an Ideen entwickeln, hätte profitieren können. Die Haufer Jungen hätten dieses Jahr noch irgendwie überbrücken müssen. Wir werden uns aber noch weiter bemühen, dass es bei der Gruppe weiter geht.

Frage: Befürchten Sie, dass eine Auflösung der Gruppe einen Dominoeffekt nach sich ziehen könnte?

Antwort: Nein, sicher nicht. So schlecht stehen wir doch auch gar nicht da. Ich bin froh, dass wir die Möglichkeit haben, etwas zu verändern. Aber es ist nicht so, dass wir mit unseren geplanten Neuerungen jetzt zur letzten Attacke vor dem Untergang blasen. Mich baut auch auf, dass jetzt schon die ersten Gruppen anfangen zu bauen, weil sie wissen, dass es sonst schwer wird, bis zum Kirmeszug mit ihren Darstellungen fertig zu sein. Die wissen, dass das nicht bloß eine Kirmesgruppe ist, für die sie aktiv sind. Das ist eine gewachsene Sache. Das ist Tradition und ein Stück Heimat.

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